30.09.2015

„Wie auch immer es ausgeht: Hamburg kriegt Olympia!"

Mit diesem Slogan wurde eine Schokolade mit dem Namen Olympia beworben. Diese Produktbezeichnung ist im konkreten Fall zulässig, weil sie vor Inkraftreten des Gesetzes zum Schutz des Olympischen Emblems und der Olympischen Bezeichnungen (OlympSchG) als Marke eingetragen war. Unzulässig ist aber, wenn eine Werbung einen Imagetransfer hinsichtlich der Wertschätzung der Olympischen Spiele vollzieht. Dies ist mit der beanstandeten Werbung erfolgt.

Der aktuelle Fall im Zusammenhang mit der Bewerbung Hamburg´s zur Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 gibt Anlass, die Grundsatzentscheidung des BGH vom 15.05.2014 (BGH GRUR 2014, 1215) zum OlympSchG zu analysieren und den aktuellen Fall nach den Vorgaben des BGH zu beurteilen.

Vorauszuschicken ist, dass der Deutsche Olympische Sportbund e.V. (DOSB) die Einzelfallentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.05.2014, obwohl eine Zurückverweisung an das OLG Schleswig erfolgt ist, akzeptiert hat. Die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung des LG Kiel wurde von uns zurückgenommen.

In wesentlichen Punkten hat der BGH unsere Rechtsauffassung und den Schutzumfang des Olympiaschutzgesetzes (OlympSchG) bestätigt, weshalb die Fortführung des Streits in diesem Einzelfall nicht notwendig ist.

Insbesondere hat der BGH klargestellt, dass ein Imagetransfer, der darauf abzielt, die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung auf Produkte und Unternehmen zu übertragen, verboten ist.

Die enge Auslegung des BGH bei der Verwendung der Olympischen Bezeichnungen ist jedoch rechtsfehlerhaft.

I.

Eine Reihe von Rechtsfragen, die seit Inkrafttreten des Gesetzes in unserer forensischen Praxis bei der Anwendung des Gesetzes auftraten, wurden durch die Entscheidung geklärt.

1.

Das OlympSchG ist nicht verfassungswidrig. Es stellt weder ein Einzelfallgesetz dar, noch verstößt es gegen das Bestimmtheitsgebot (BGH Rdn. 11-18).

2.

Obwohl im Gesetz das Nationale Olympische Komitee (NOK) als Berechtigter genannt wird, ist der DOSB als Rechtsnachfolger des NOK  für die Geltendmachung der Ansprüche nach dem OlympSchG aktivlegitimiert (BGH Rdn. 10).

3.

Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BGH Rdn 23).Werden neben den olympischen Bezeichnungen weitere olympische Kennzeichen verwendet, besteht eine gedankliche Verbindung mit den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung (BGH Rdn. 44).

4.

Die Annahme einer Verwechslungsgefahr bei der Verwendung der Olympischen Bezeichnungen setzt einen Imagetransfer voraus. Ein solcher kann im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vorliegen, wenn ein Produkt- oder Leistungsbezug erfolgt, so z.B. bei Angeboten wie „Olympia-Pflegeset“ oder „Olympische Kontaktlinsen“ (BGH Rdn. 35), weil damit eine Ãœbertragung des Images auf die Produkte erfolgt und ein Produktbezug gegeben ist.

 

II.

Kritikwürdig ist die Entscheidung in Bezug auf die Auslegung des Gesetzes zu der Frage der Verwechslungsgefahr bei einer anlassbezogenen Werbung, wie z.B. „Olympia-Rabatt“ oder „Olympische Preise“.

Die werbliche Verwendung der Aussagen „Olympische Preise“ und/oder „Olympia Rabatt“ stellt entgegen der Auffassung des BGH zumindest eine Beeinträchtigung der Wertschätzung dar. Bei seiner Entscheidung zur Frage der Verwechslungsgefahr hat der BGH den gesetzgeberischen Willen verkannt und die Besonderheit des Olympiaschutzgesetztes nicht ausreichend beachtet.

 1.

Vor die Klammer gezogen führt der BGH aus, dass die markenrechtlichen Grundsätze heranzuziehen sind, wenn sich aus dem OlympSchG nichts anderes ergibt (BGH Rdn. 20).

Die Schlussfolgerung des BGH ist sodann, dass der Schutzumfang nach dem OlympSchG hinter dem markenrechtlichen Schutz zurückbleiben muss, weil das Gesetz nicht die Unterscheidungskraft der Olympischen Kennzeichen schützt.

Das ist unseres Erachtens eine grundlegende Fehleinschätzung!

In der amtlichen Begründung des Gesetzgebers, die der BGH zugrunde zu legen hat, heißt es dazu ausdrücklich:

a)

Den Olympischen Bezeichnungen fehlt die Unterscheidungskraft einer Marke. Deshalb muss eine andere Ausprägung des Schutzes erfolgen, der vor allem die Werbekraft der Olympischen Kennzeichen und Bezeichnungen berücksichtigen muss (BT-Drs. 15/1669, S. 8, 9).

b)

Im Rahmen des OlympSchG scheidet eine markenfunktionale Auslegung aus, weil weder das Olympische Emblem noch die Bezeichnungen eine markenrechtliche Unterscheidungskraft besitzen (BT-Drs. 15/1669, S. 10).

c)

Bei der Beurteilung sind alle Fälle der Verwechslungsgefahr einzubeziehen (BT-Drs. 15/1669, S. 10).

2.

Entgegen der Auffassung des BGH muss daher weit ausgelegt werden! Die Ausführungen des BGH hierzu (BGH Rdn. 30-32) sind deshalb falsch.

III.

Wenn also eine andere, vom MarkenG abweichende Schutzausprägung zugrunde zu legen ist, gilt Folgendes:

1.

Im Hinblick auf den Schutz der Werbekraft des Olympischen Emblems und der Olympischen Bezeichnungen sind entgegen der Ansicht des BGH sehr wohl die Entscheidungen, die wir in der Revisionserwiderung herangezogen hatten, einschlägig (BGH Rdn 30 und 31), denn der gesetzgeberische Wille ist, alle Fälle der Verwechslungsgefahr einzubeziehen. Insoweit enthält § 3 Abs. 2 OlympSchG keine ausdrückliche Beschränkung. Der BGH unterstellt etwas, dass weder im Gesetz noch in deren Begründung seinen Ausdruck findet. Unverständlich ist die Aussage des BGH, dass die Verwendung der Aussagen „Olympische Preise“ oder „Olympia-Rabatt“ anlässlich Olympischer Spiele ungeeignet seien, von der Sogwirkung und der Werbekraft Olympische Spiele erfasst zu werden. Genau das Gegenteil ist der Fall, was sich bereits daraus ergibt, dass Trittbrettfahrer im zeitlichen Zusammenhang mit diesen Großereignissen genau diese Werbekraft und die damit verbundene Aufmerksamkeit eigennützig werblich für ihr Unternehmen oder ihre Produkte ausnutzen.

 

2.

Evident wird diese Fehleinschätzung des BGH bei folgenden Ausführungen (BGH Rdn 32):

Der BGH stellt fest, dass aufgrund der fehlenden Herkunftsfunktion der Olympischen Bezeichnungen keine Rufausbeutung der Kennzeichen erfolgen kann und damit die Grundsätze zur Werbefunktion einer Marke nicht gelten.

In Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber ist aber davon auszugehen, dass weder das Olympische Emblem noch die Olympischen Bezeichnungen eine Herkunftsfunktion für Waren oder Dienstleistungen erfüllen. Deshalb wurde das Gesetz auch notwendig. Also muss eine andere Beurteilung zugrunde gelegt werden. Diese hat sich nach des Gesetzesbegründung an der Werbekraft als eigenes Schutzgut des OlympSchG zu orientieren. Erfolgt ein Imagetransfer unter Ausnutzung der Werbekraft der Olympischen Bezeichnungen auf ein Unternehmen, Produkt oder Dienstleistung, werden die Vermarktungsmöglichkeiten beeinträchtigt, was der Beeinträchtigung der Wertschätzung gleichzusetzen ist. Nicht das Produkt wird beinträchtigt, weil es das nicht gibt, sondern die Werbekraft einer berühmten Marke wird ausgenutzt und damit beeinträchtigt.

3.

Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „Beeinträchtigung der Wertschätzung“ sind die Ausführungen des BGH unzureichend (BGH Rdn. 36).

Der BGH stellt lediglich fest, dass die konkrete Werbung im vorliegenden Fall dem Ansehen der Olympischen Bewegung und der Olympischer Spiele nicht abträglich sei.

Das ist sicherlich in dem entschiedenen Fall zutreffend gewesen, darauf kommt es jedoch bei der Schutzausprägung des OlympSchG nicht an. Beeinträchtigt wird die ökonomische Funktion der Vermarktung der Olympischen Embleme und Kennzeichen. Die steht aber nach Ansicht des Gesetzgebers im Bereich der Vermarktung im Vordergrund.

Warum soll auch ein Dritter, der keinen Beitrag zugunsten der Olympischen Bewegung oder den Olympischen Spielen leistet, in den Genuss der Werbekraft dieser Kennzeichen kommen? Er ist darauf nicht angewiesen, um sein Produkt zu beschreiben.

4.

Offen bleibt die Frage, wann das Tatbestandsmerkmal des gedanklichen Inverbindungbringens erfüllt ist.

Der BGH verweist dazu auf seine Rechtsprechung zur Marke „WM 2006“ und stellt erneut heraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise nur dann von einer wirtschaftlichen Verbindung mit den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung ausgehen, wenn dies herausgestellt wird.

Dem steht u. E. entgegen, dass aktuelle Studien belegen, dass die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise eine andere ist. Die angesprochenen Verkehrskreise differenzieren eben gerade nicht zwischen dem offiziellen Sponsor und den Trittbrettfahrern.

5.

Unzutreffend lehnt der BGH den Schutz der Werbefunktion einer berühmten Marke ab (BGH Rdn. 30-32).

Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass gegenüber dem Markenrecht eine andere Schutzausprägung erforderlich ist und die Werbekraft der Olympischen Bezeichnungen Schutzgut des OlympSchG ist. Dabei sollen alle Fälle der Verwechslungsgefahr, also in Bezug auf den Schutzumfang bei berühmten Marken, umfasst sein. Das Gegenteil ist also der Fall, wenn man dem zu beachtenden gesetzgeberischen Willen folgt.