Der Deutsche Bundestag hat auf Druck der organisierten Anwaltschaft eine verfassungsrechtlich sehr bedenkliche Begrenzung der Rechtsmittel im Zivilprozess wieder abgeschafft!
Am 07.07.2011 hat der Bundestag die Änderung von § 522 ZPO beschlossen. Insbesondere § 522 Abs. 2 ZPO, wonach das Berufungsgericht eine Berufung mittels eines unanfechtbaren Beschlusses ohne Begründung zurückweisen konnte, war in der Vergangenheit zu Recht stark kritisiert worden, weil es der Willkür Tür und Tor öffnete. Aus eigener Erfahrung können wir bestätigen, dass z. B. der 6. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main eine Berufung per Beschluss zurückweisen wollte, obwohl eine höchstrichterliche Entscheidung zum Olympiaschutzgesetz nicht vorlag und damit der Rechtsstreit von grundsätzlicher Bedeutung war.
In einem solchen Fall war ein Berufungsgericht auch nach der alten Regel nicht berechtigt, die Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Deshalb entscheid sich der DOSB aus Kostengründen, die Berufung zurückzunehmen, obwohl die Entscheidung in der Literatur und auch in nachfolgenden Verfahren auf einhellige Ablehnung gestoßen ist.
Leider geht die Reform der Reform nicht weit genug. Ein Zurückweisungsbeschluss ist immer noch möglich, ohne dass ein Urteil ergeht. Bei einem Streitwert über 20.000,00 Euro hat aber der Beschwerte wenigstens die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Der Beschluss ist also nicht mehr unanfechtbar und das Berufungsgericht muss sich nunmehr intensiver überlegen, ob seine Meinung von der höchstrichterlichen Rechtssprechung getragen wird oder ob ein Fall grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Ein solcher Fall lag aber gerade mit einer ansonsten kaum erreichbaren Deutlichkeit im Rechtsstreit des Deutschen Olympischen Sportbundes gegen den Tabakkonzern BAT vor.
Nach Inkrafttreten des Olympiaschutzgesetzes 2004 war es das erste Verfahren, das gerichtlich hierzu rechtshängig war. Wenn also zu einem bestimmten Gesetz überhaupt keine gerichtliche Entscheidung existiert, ist die Entscheidung per se von grundsätzlicher Bedeutung. Das hat der 6. Senat des Oberlandesgerichts Franfurt am Main in seiner Selbstherrlichkeit einfach ignoriert. Ohnehin ist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main damit aufgefallen, dass die Beschlusszurückweisungen höher lagen als im Durchschnitt anderer Oberlandesgerichte. Auch das ist ein erhebliches Indiz für eine willkürliche Beschlusszurückweisung, die nun nicht mehr so einfach ist.
Es bleibt bei der Forderung, § 522 Abs. 2 ZPO gänzlich abzuschaffen, zumal die Erfolgsaussichten von Nichtzulassungsbeschwerden gegenüber einer Revision geringer sind, weil die Begründungsanforderungen höher sind.